Es ist an der Zeit… wir brauchen dringend Hilfe!
Hier unser Schreiben an den Tierschutzbeauftragten
Sehr geehrter Herr ,
wir sind ein kleiner ehrenamtlich tätiger Wolfsburger Tierhilfeverein (ohne Tierheim) mit Strahlkraft über die niedersächsische Landesgrenze hinaus. Da wir am Rande von Sachsen-Anhalt tätig sind, erreichen uns seit Jahren immer wieder Hilferufe aus Ihrem Bundesland, in dem Sie seit dem 1. Februar 2016 der verantwortliche Tierschutzbeauftragte sind. Unser Verein besteht seit 15 Jahren und der derzeitige Vorstand ist seit rund 8 Jahren mit der Katzenproblematik in Sachsen-Anhalt vertraut. Wir mussten schon viel wirklich schlimmes Elend erleben und ertragen, da die meisten der von uns aufgenommenen und versorgten Katzen aus unserem Nachbarbundesland sehr krank waren/sind. Leider ist es auch so, dass es sich bei den gemeldeten Fällen zumeist um sehr große Populationen handelt – Katzen jeden Alters in einer Gruppe an einem Ort, oftmals 30 bis 40 Tiere.
Im letzten Jahr erschien in der Volksstimme auch bereits einmal ein Bericht über eine Katzenpopulation nahe Oschersleben, um die wir uns gekümmert haben. Sie hatten in dem Artikel seinerzeit auch Stellung bezogen. Wir können nicht bestätigen, Sachsen-Anhalt habe kein Problem mit Streunerkatzen. Leider ist das aber auch der Tenor vieler Gemeinden. Wer sich mit der Thematik einmal umfassend beschäftigt, stellt jedoch fest, dass das ganze Gegenteil der Fall ist.
https://www.volksstimme.de/…/sachsen-anhalt-familie…
Oft sind es in Sachsen-Anhalt lebende Menschen, die sich an uns wenden, da sie vor Ort keine Hilfe erhalten. Tierschutzvereine und Tierheime lehnen ab und können (mangels finanzieller Mittel) oder wollen einfach nicht helfen. So telefonieren sich die Menschen durch, bis sie schließlich bei uns in Niedersachsen landen. Wir setzen dann alle Hebel in Bewegung und kontaktieren ebenso die ortsansässigen Tierheime und Tierschutzvereine – mit demselben Ergebnis. Das ist frustrierend.
Wir können die Augen vor so viel Elend nicht verschließen, schaffen es aber nicht mehr alleine, uns um die vielen Brennpunkte in Ihrem Bundesland zu kümmern und setzen auf Ihre Verantwortung und Ihre Unterstützung – auch finanziell. Viele Tiere sind sehr krank und benötigen dringend tiermedizinische Hilfe, sie verrecken förmlich. Anders kann man das nicht mehr nennen. Vor kurzem wurde ein Kater bei lebendigem Leibe von Maden zerfressen, Hilfe konnte nur noch durch die Euthanasie erfolgen. Kitten sind oft schwer an Katzenschnupfen erkrankt bis hin zum Verlust der Augen. Sie sind unterernährt und verhungern. Hier sind die Gemeinden in der Pflicht, sich um diese notleidenden Tiere zu kümmern, kommen dieser aber zumeist nicht nach und verstoßen somit seit Jahren gegen geltende Gesetze. Wenn die Vereine und Tierheime vor Ort mit den nötigen Mitteln und Personal ausgestattet wären, könnten sie im Auftrag der Gemeinden diese Aufgaben wahrnehmen. So sind ihnen oftmals die Hände gebunden.
Wir werden dem Elend nicht länger zusehen und fordern Sie auf, jetzt zu handeln. Eine flächendeckende Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht durchzusetzen ist der erste Schritt in Richtung Verbesserung der Situation für die Tiere. Künftiges Unterlassen der Gemeinden durch Ablehnung oder Negieren des Problems werden wir zur Anzeige bringen. Diese machen sich strafbar, wenn sie nicht dafür Sorge tragen, die gemeldeten kranken Tiere entsprechend zu versorgen. Katzen sind Haustiere, auch Streuner sind hier als Fundtiere anzusehen und die Gemeinden sind in der Pflicht, diese aufzunehmen und die kranken Tiere zu behandeln. Die Zahl der Streuner lässt sich nur durch flächendeckende Kastrationen und Einführung der Kastrationspflicht in ganz Sachsen-Anhalt dezimieren. Niedersachsen geht endlich mit gutem Beispiel voran und führt eine landesweite Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht ein.
Unsere Erfahrung zeigt, dass es viele Menschen in Sachsen-Anhalt gibt, die sich ebenso eine Verbesserung der Situation für die Tiere wünschen würden.
Gerade wurden uns wieder zwei Populationen mit insgesamt 60 Tieren in 50 km Entfernung gemeldet. Leider sind die Melder und auch wir dort wieder auf taube Ohren gestoßen, so dass wir uns nun zwangsläufig Hilfe über Facebook suchen mussten. Niedersächsische Tierheime sind bereit zu unterstützen und haben bereits einen Teil der Tiere aufgenommen, aber auch hier gibt es Grenzen – insbesondere zur Urlaubszeit. Viele der kürzlich gemeldeten Katzen müssen noch kastriert und gechipt werden sowie tiermedizinisch versorgt. Das Ausmaß wäre nicht so enorm, wenn es eine Kastrationspflicht gäbe. Wir sind gerade dabei, ehrenamtliche Unterstützer zusammenzubringen, um die Einfangaktionen und die Tierarztfahrten zu organisieren. Das ist ein großer Kraftakt, da auch ständig neue Fälle hinzu kommen und es kaum noch zu schaffen ist.
In Altenhausen betreuen wir z.B. auch eine größere Streunerpopulation. Dort lebt eine Frau, die sich über viele Jahre lang privat um die Kastratrionen gekümmert und viele Tausend Euro investiert bzw. privat an Tierärzte abbezahlt hat. Wir unterstützen dort die Futterstelle der inzwischen kastrierten Katzen und sorgen dafür, dass hinzu kommende Tiere auf unsere Kosten kastriert werden. Auch das ist für uns kein Spaziergang, da unser Verein keine öffentlichen Mittel erhält und wir unsere ehrenamtliche Arbeit ausschließlich mit Spendengeldern finanzieren.
Im letzten Jahr hatten wir auch eine große Kastrationsaktion von Katzen in Aschersleben. Die Kitten konnten wir seinerzeit in einem niedersächsischen Tierheim unterbringen, da auch unsere Pflegestellen stets aus allen Nähten platzen. Das alles ist mit viel Fahrerei verbunden, da die Tierheime, die uns helfen, auch weiter weg gelegen sind.
Die Liste der Orte, in denen wir in den letzten Jahren bereits unterstützt und kastriert haben, lässt sich beliebig fortführen: Oebisfelde, Oschersleben, Walbeck, Hörsingen, Gardelegen, Mellin, Wassensdorf, Mieste, Miesterhorst, Bodendorf, Klein Bartensleben, Lockstedt, Haldensleben, Klötze, Bösdorf, Kalbe (Milde), Kakerbeck, Böckwitz, Salzwedel, Kunrau usw. Das alles sind für uns von Wolfsburg aus weite Fahrten. Inzwischen hat es sich auch herumgesprochen, dass wir helfen. Jedoch ist nun der Punkt erreicht, wo wir Sie als Tierschutzbeauftragten ins Boot holen müssen, damit sich endlich an der grundlegenden Situation etwas ändert.
Wir nehmen es nicht mehr hin, dass diese gemeldeten Tiere von den zuständigen Stellen nicht aufgenommen werden. Die Gemeinden dürfen die „Fundsache Hauskatze“ nicht mit der oftmals kommunizierten Begründung ablehnen, dass das Tier herrenlos sei. Für aufgefundene Haustiere gelten die Regelungen des Fundrechts nach §§ 965 – 984 BGB. Wer ein Haustier findet, hat den Fund unverzüglich der zuständigen Fundbehörde (Gemeinde) anzuzeigen und ist verpflichtet, das Tier bei einer von der Gemeinde bestimmten Stelle (i.d.R. Tierheim) abzugeben. Die Gemeinde ist zur Verwahrung verpflichtet. Die oftmals getätigte Aussage, verwilderte Katzen seien keine Fundtiere, trifft nicht zu. Durch das Herumstreunen oder Verwildern wird nicht der Status als Haustier verändert (siehe VG Stuttgart unter Az 4K29/13 vom 16.12.2013).
Die Ablehnung kann eine strafrechtliche Relevanz durch Unterlassen der Amtsträgeraufgaben haben, wenn einem Tier dadurch weiter anhaltendes Leid oder Schmerzen i.S.d. TSchG zugeführt wird. Viele Katzen in Sachsen-Anhalt benötigen dringend tiermedizinische Hilfe. Das Unterlassen kann als aktives Tun zu bewerten sein und der Verdacht auf einen Straftatbestand nach §17 Tierschutzgesetz kann angezeigt sein.
Der erste Schritt muss sein, zügig die Kastrations-, Chip- und Registrierungspflicht einzuführen. Ohne diese ist es ein Kampf gegen Windmühlen.
Auf Ihre Kooperation und Unterstützung hoffend verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen
Ihre Tierhilfe Wolfsburg e.V.